Zu Fuß

Wandern in Patagonien: “Torres del Paine”, El Chatén und Perito-Moreno-Gletscher

Viele kennen diesen Traum, die Sehnsucht nach Patagonien: unberührte Natur, faszinierende Landschaften, das Gefühl, auf Entdeckertour zu sein. Wer gerne draußen unterwegs ist und sich mitreißen lassen möchte von den Wundern dieser Erde, sollte ins südliche Chile und Argentinien reisen. Dort ist man am besten zu Fuß unterwegs.

Der Name Patagonien ist bereits mit viel Geschichte und Entdeckertum verbunden. Er geht zurück auf den portugiesischen Seefahrer Ferdinand Magellan. Er gab 1520 den einheimischen Tehuelche-Indianern vermutlich wegen ihrer großen Statur den Namen “patagones”. Angelehnt ist dies an den Riesen Pathagón aus den “Novelas de Caballería”, eine Sammlung von Rittergeschichten, die in jener Zeit große Beachtung fanden.

Patagonien umfasst den südlichen Teil von Chile und Argentinien und ist dünn besiedelt. Landschaftlich geprägt wird die Region einerseits von einer steppenartigen Hochebene, der Pampa, und den Anden. Zwei Nationalparks, der “Torres del Paine” auf chilenischer und der “Los Glaciares” auf argentinischer Seite, bieten tolle Möglichkeiten für Wanderungen.

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Vom 122 Kilometer südlich des Nationalparks gelegenen Städtchen Puerto Natales aus beginnt die Anreise in den “Torres del Paine”. Markante Berge, Gletscher und Fjorde warten darauf, entdeckt zu werden. Tagestouren sind möglich, doch am schönsten ist es, sich Zeit zu nehmen und zu einer Mehrtages-Wanderung aufzubrechen. Zur Auswahl steht der “W-Trek” (90 Kilometer in fünf Tagen) oder der “O-Trek” (130 Kilometer in acht Tagen). Bei beiden sind Reservierungen vorab notwendig. Beim “O-Trek” lässt die Naturschutzbehörde Conaf täglich nur 80 Wanderer zu. Generell wird für das Mehrtages-Trekking im Nationalpark nur eingelassen, wer Reservierungen für die Nächte vorweisen kann.

Auf Komfort muss zumindest beim “W-Trek” nicht verzichtet werden: Wer möchte, kann in den Refugios (Hütten) schlafen, was allerdings auch seinen Preis hat. Alternativ gibt es Campingplätze. Zelte können gemietet werden, sodass das Equipment nicht getragen werden muss. Auch als Camper besteht die Möglichkeit in den Refugios zu essen.

Alles geplant und angekommen? Dann wartet ein wunderbares Erlebnis auf den Reisenden – trotz aller Anstrengung. Eine Herausforderung ist vor allem das Wetter. In Patagonien ist es möglich, an einem Tag alles zu erleben. Wer im Regen startet, kann kurze Zeit später Sonnenschein genießen, zu späterer Stunde sich dann aber durchaus im Schneetreiben wiederfinden.

Stets mit dabei ist der Wind, der sehr stark ist – und damit auch zu gefährlichen Situationen führen kann. Wer gerade dabei ist, einen schwierigen Weg mit viel Geröll zu erklimmen und just in diesem Moment von einer Böe mit 90 Kilometer/Stunde erwischt wird, sollte auf jeden Fall standfest sein. Auch kann der Wind sehr auslaugen, wenn dagegen angelaufen werden muss. Entsprechende, vor allem wärmende Ausrüstung, am besten im Zwiebellook-System, ist daher notwendig. Achja, Sommer heißt nicht, dass es nicht schneit!

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Trotz aller Warnungen und Hinweise: Das Trekking ist großartig, auch nicht allzu geübte Wanderer können dies machen. Wer nicht alleine unterwegs sein möchte, kann sich einer Gruppe anschließen und sich von einem Guide begleiten lassen. Während die komplette Runde um die Granitberge, das “O”, nur entgegen des Uhrzeigersinns gelaufen werden darf, ist ein Start für das “W” von beiden Seiten aus möglich.

Empfehlenswert ist der Einstieg beim Refugio Las Torres. Am ersten Tag geht es zum Aussichtspunkt Mirador Base Torres – bei gutem Wetter mit Blick auf die Türme Las Torres. Acht bis neun Stunden sollten eingeplant werden. Am nächsten Tag geht es dafür entspannter in vier bis fünf Stunden weiter zum Refugio Los Cuernos. Der Abschnitt überzeugt mit dem tollen Ausblick auf den türkis-schimmernden Lago Nordenskjöld. Ab und an begegnen einem Gauchos mit zwei, drei Pferden. Sie transportieren alles Notwendige zu den Refugios im Park, vor allem Lebensmittel, transportieren aber auch den Müll zurück und manchmal das Gepäck von Wanderern, die gegen ordentliche Zahlung somit ihr Hauptgepäck nicht selbst zur nächsten Unterkunft tragen müssen.

Am nächsten Tag steht wieder eine Herausforderung an, sofern tatsächlich alles gelaufen wird. Die Kurzvariante führt vom Refugio Los Cuernos über den Campingplatz Italiano zur Paine Grande Lodge. Vom Campingplatz aus geht es in das Valle del Francés und auf gleichem Weg wieder zurück. Der Aufstieg ist recht beschwerlich und manchmal wird das Tal wegen des Wetters und abgehenden Lawinen gesperrt. Wer nicht ganz in das Tal läuft, wird auch schon zu Beginn mit einem faszinierenden Blick auf in den Felsen hängenden Gletschern belohnt.

Der letzte Tag führt von der Paine Grande Loge zum Grey Gletscher. Von dort aus fährt ein Katamaran zurück “in die Zivilisation” und bietet einen tollen Abschied, wenn an Bord ein Pisco Sour mit echtem Gletschereis serviert wird und kleine Eisberge, die sich vom Grey gelöst haben, an einem vorbei ziehen.

Auf der argentinischen Seite befindet sich das Wanderparadies El Chaltén. Der kleine Ort wurde erst 1985 gegründet und lebt vom Tourismus. Rund um El Chaltén gibt es verschiedene Routen in den nördlichen Los Glaciares-Nationalpark, der seit 1981 Welterbe ist. Wenn er sich nicht hinter einer Wolkendecke versteckt, dann ist bereits im Ort der gewaltige Fitz Roy zu sehen. Benannt ist er nach dem Kapitän des Forschungsschiffes HMS Beagle, mit dem Charles Darwin um die Welt reiste.

Auf den 3406 Meter hohen, schroffen Granitberg können Erfahrene zwar klettern, eine Tageswanderung zur Laguna de los Tres ist aber auch wunderschön. Von dort aus ist der Fitz Roy für das Wandervolk am nähsten zu sehen. Wer an der Hosteria El Pilar startet (per Bus-Shuttle erreichbar), wandert am Rio Grande entlang, teilweise durch einen Wald, und kommt am Gletscher Piedras Blancas vorbei.

Ist die Strecke allgemein sehr angenehm zu laufen (insgesamt etwa 22 Kilometer), so hat es der letzte Kilometer hoch zur Lagune in sich: Steil zieht sich der Weg über das Geröll, der Wanderer ist dem Wetter komplett ausgesetzt. Doch die Mühe lohnt sich: Der Blick auf die blau-schimmernde Lagune, umgeben von Schnee und Eis, ist herrlich. Und mit etwas Glück zeigt sich auch der Fitz Roy, was das Panorama perfekt macht. Nicht verpassen sollte man den Blick zurück, denn auch der hat es in sich.

Eine weitere Tagestour führt zur Laguna Torre, von wo aus der Blick auf den Cerro Torre am besten ist. Der 3128 Meter hohe Granitberg ist mit seinen steil aufragenden, glatten Wänden sehr markant. Die Wanderung (knapp 20 Kilometer) führt durch eine vielfältige Landschaft und ist leicht zu gehen. Sie ist gut geeignet für einen Abreisetag, an dessen Abend es mit dem Bus ins 215 Kilometer entfernte El Calafate geht.

Von dort ist der Südteil des Nationalparks Los Glaciares erreichbar. Verschiedene Ausflüge sind möglich. Nicht verpasst werden sollte aber eine Tagestour zum Perito-Moreno-Gletscher, der tatsächlich noch wächst. Er ist Teil des Campo de Hielo Sur, des größten Gletschergebietes der südamerikanischen Anden. Es zieht sich über eine Fläche in der Größe von Hessen.

Langsam nähert man sich dem faszinierenden Naturspektakel. Die Tagestouren, die auch vor Ort gebucht werden können, umfassen meist eine Bootstour. Bei der etwa einstündigen Fahrt sieht man den Gletscher von der Wasserseite und kommt sich dabei sehr klein vor, wenn die bis zu 70 Meter hohe Kalbungsfront über dem Wasser vor einem aufragt – dabei liegt der Großteil unterhalb.

Nächste Station sind die verschiedenen Aussichtspunkte auf der Magellan-Halbinsel. Dort wird bewusst, wie riesig der Gletscher tatsächlich ist – der Perito Moreno erstreckt sich auf über 30 Kilometer. Verschieden blau schimmernd kann man die Augen kaum abwenden. Immer wieder kracht und rumpelt es, wenn sich Eis löst und in den Lago Argentino fällt. Ein Naturspektakel, über das sich einfach nur staunen lässt – ein Zustand, der sich in Patagonien ständig einstellt.

Weitere Infos:

  • Die beste Reisezeit für Patagonien ist generell von Oktober bis April. Hauptsaison im “Torres del Paine” ist vom 1. Oktober bis zum 30. April. Von Mitte Dezember bis Februar sind die meisten Besucher da. Obwohl der Park auch im Winter (Mai bis August) geöffnet ist, sind die meisten Wanderwege, Camps und Refugios während dieser Zeit geschlossen. Wer dennoch dann wandern gehen möchte, sollte Erfahrung und entsprechende Ausrüstung haben sowie eine Genehmigung bei der Naturschutzbehörde Conaf einholen.
  • Anreise: Von Frankfurt aus gehen Flüge nach Santiago de Chile und Buenos Aires (zum Beispiel via Madrid oder Sao Paulo). Von den beiden Städten aus kommt man nach Puerto Natales beziehungsweise El Calafate. In die Nationalparks fahren Busse.
  • Nützliche Infos:  Im “Torres del Paine” werden die Unterkünfte (Camping und Refugios) über www.fantasticosur.com/en und www.verticepatagonia.com gebucht. Allgemeine Infos und Buchung der kostenfreien Camps im “Torres del Paine”: www.parquetorresdelpaine.cl/en. Wer Unterstützung sucht, wird bei vielen Anbietern fündig (zum Beispiel Erlebe Fernreisen GmbH: www.erlebe-fernreisen.de), die von kompletten Touren bis hin zu einzelnen Bausteinen viele Varianten anbieten. Infos zu El Chaltén unter www.elchalten.com/indexen.php. Vor Ort gibt es nützliche Infos in der Ranger-Station.

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Pfälzerin, Redakteurin, Fernweh-Geplagte. Pfadi, Abenteuer-freudig und gerne unterwegs. Als Chefredakteurin bei der VRM und ausgebildete Redakteurin sorgt Jule dafür, dass alle Reiseerlebnisse sich im Blog wiederfinden. Abseits vom Dokumentieren kümmert sich Jule um die Orga und Planung vorab, denn das Reisegefühl startet bereits bei den Vorbereitungen.

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