Roadtrip in Uganda und Ruanda Teil 5: Grenzübertritt, Musanze, Vulcano Nationalpark
Tag 11 und 12
Es geht über die Grenze. Ohne große Hinweisschilder ist sie da plötzlich vor uns. Einige World Food Trucks stehen auf einem Parkplatz, es gibt ein paar Stände, an denen Essen und Getränke erstanden werden können. Ansonsten ein Polizei-Checkpoint und dahinter zwei Schranken, eine mit der Aufschrift Uganda, auf der anderen steht Ruanda.
Grenzübertritte können kompliziert sein, erst Recht, wenn man mit einem Auto auf die andere Seite will. Wir sind froh, dass der Autovermieter eine Kontaktperson am Grenzübergang hat, die uns dabei begleitet. Zuallererst heißt es aber warten: In Kampala hatten wir ja das Auto gewechselt, am Grenzübergang sollen wir die entsprechenden Papiere erhalten. Billy von Selfdrive Uganda hatte uns versichert, dass sie da sind – und nach 45 Minuten warten kommt auch Sam gemütlich aus Ruanda herüber spaziert und hat die entsprechenden Papiere in der Hand. Er entschuldigt sich, dass wir warten mussten, er hätte gerade auf der anderen Seite etwas erledigen müssen. Kein Problem! Hier lernt man Geduld – und es war ja durchaus ganz nett, den Grenzverkehr und seine Eigenheiten zu beobachten.
Erster Stopp mit Sam: Das Auto in Uganda „auschecken“. Dann geht es zur Polizei, schließlich zum Grenzbeamten, der noch einmal alle Papiere prüft. Jule hat zwischenzeitlich schon einen ganzen Stapel an Zetteln in der Hand – Lukas wartet im Auto. Schließlich öffnet sich die Schranke, im Schritttempo gehts es durch das Niemandsland nach Ruanda, denn Sam läuft neben unserem Auto her. Auf der anderen Seite: Polizeicheck, dann erst geht es zum Häuschen, an dem wir offiziell aus Uganda ausreisen, bevor wir einen Schalter weiter den Einreisestempel für Ruanda bekommen. Drei Meter weiter wird das Auto in Ruanda „eingecheckt“. Nächste Station: Versicherung für eine Woche fürs Auto kaufen, die sogenannte Comesa-Card. Noch einmal durch einen Polizeicheckpoint, an dem alles geprüft wird und Name des Fahrers und Kennzeichen in ein Buch eingetragen werden, dann sind wir tatsächlich nach knapp zwei Stunden an der Grenze in Ruanda angekommen.
Es ist wieder Rechtsverkehr – und die Straßen sind gut. Und unser Eindruck: Es sind weniger Autos unterwegs, dafür umso mehr Menschen und Fahrräder. Radtaxis sind hier wohl angesagt: die Gepäckträger sind gepolstert, die Räder oft bunt angemalt. Die Fahrer tragen Leibchen. Sie transportieren von Menschen über Wasserkanister bis hin zu Lebensmitteln alles. Auf einem Rad sehen wir drei Menschen und drei Säcke Kartoffeln! Insgesamt wirkt es sehr aufgeräumt und ordentlich. Am Straßenrand entdecken wir vor allem Frauen in Warnwesten, die die Straße kehren.
Wir kommen an den „Twin Lakes“ Bulera und Ruhondo am Fuße des Bergs Muhavura vorbei und entschließen uns zu einem Ausflug zu letzterem. Eine Schotterstraße führt zum See. Landschaftlich reizvoll mit Siedlungen, Ackerbau und einem Fluss fahren wir so lange, bis wir eine tolle Sicht auf den See haben – und nehmen dann wieder die gleiche Strecke zurück. Die Einheimischen fragen sich bestimmt, was die „Muzungus“ da machen…
Die nächsten zwei Nächte verbringen wir im Red Rocks außerhalb von Musanze. Der Zeltplatz, der auch einige Zimmer anbietet, ist ein Projekt der lokalen Gemeinschaft. So kann man einige Aktivitäten machen, um die Gemeinschaft kennenzulernen (zum Beispiel mit einer Familie aufs Feld gehen oder mit ihnen Bananenbier brauen). In einem kleinen Laden gibt es Produkte, die Frauen im Dorf hergestellt haben und mit deren Einnahmen sie unter anderem die Schuluniformen für die Kinder und die medizinische Versorgung bezahlen. Ein lokaler Künstler hat Gebäude – selbst die Toiletten – bemalt. Auch sind einige Masken und Skulpturen zu sehen. So sitzen überall Puppen, die persönliche Geschichten nach einem Vulkanausbruch berichten – wir sind hier schließlich im Vulcano Nationalpark. Die Stimmung ist entspannt, die Leute freundlich und so genießen wir die Tage hier sehr.
Am nächsten Morgen sind wir bereits vor dem Wecker wach, obwohl der schon um 5.45 Uhr klingeln soll. Um 5 Uhr beginnt hier einfach das Leben – die Sonne ist aufgegangen und so erwacht auch das Dorf. Als wir um 6.20 Uhr auf der Straße sind, um zum Headquarter des Nationalparks zu fahren, sind gefühlt alle auf der Straße. Radkuriere transportieren bereits Güter, Kinder sind auf dem Weg zur Schule, Erwachsene stehen vor ihren Häusern. Wir wollen heute den Dian Fossey Trail machen. Am Headquarter besorgen wir uns das Permit (75 U$ pro Person) – und schließen uns der heutigen Gruppe an, denn nur mit Guide darf man hin. Odine ist großartig – und auch mit unserer Gruppe, einem kanadischen Paar mit ihrer 60 Jahre alten Mutter, lässt es sich gut aushalten. Mit dabei sind außerdem zwei Trainees, Porters der Kanadier und Militär für die Sicherheit.
Bei einem Tee gibt uns Odine eine kurze Einführung, dann fahren wir rund 30 Minuten zum Startpunkt. Auf dem Weg erzählt uns Odine, die bei uns im Auto sitzt, zum Beispiel, dass fünf Prozent der Einnahmen aus dem Tourismus direkt in lokale Projekte gehen, vieles aber auch indirekt bei der Bevölkerung ankommt. Die letzten zwei Kilometer sind auf einer „Massage Road“, wie Odine die „Straße“ scherzhaft beschreibt. Wir würden sagen, es ist eher ein Geröllfeld. Die Reifen suchen sich den Weg, den große Auswahl gibt es nicht. Die Steine sind spitz, die Löcher tief und ab und an rumpelt es am Wagenboden. Doch wir kommen ohne Platten durch.
Und dann beginnt endlich die Wanderung. Zuerst laufen wir durch das Dorf und sehen wie dort die Blüten von Margeriten getrocknet werden. Daraus gewinnen die Bauern ein Insektizid, erklärt Odine. Wir passieren Margeriten- und Kartoffelfelder und tauchen schließlich ein in den Wald. Wieder einmal sind wir begeistert von der Umgebung. Auf einem kleinen Pfad, ab und an über Steine und durch Matsch, kommen wir an mystisch aussehenden Bäumen vorbei. Wir durchqueren Brennnesselfelder (sie gehen Jule bis zum Kopf) und eine Art Wald, in dem die Äste Höhlen bilden. Immer wieder weist uns Odine auf Pflanzen hin, erzählt Geschichten aus der aktiven Zeit Dian Fosseys und macht uns auf Ameisen aufmerksam, sodass wir diese Strecken schnell passieren. Die Wanderung an sich ist schon großartig.
Wir erreichen schließlich eine Lichtung, an der Dian Fossey Gäste empfangen hat. Auf den Bänken gönnen wir uns eine kleine Rast und genießen die Aussicht. Etwa eine halbe Stunde später erreichen wir die ehemalige Forschungsstation. Odine führt uns über das Gelände, das größer ist, als gedacht, erklärt, wo was gestanden hat (zum Beispiel Küche, Platz für die Arbeiter, die Unterkünfte von Fossey, Dieter Steklis und anderen Wissenschaftlern, die Wetterstation) und Geschichten dazu. Zum Schluss erreichen wir das Gräberfeld. Hier hatte bereits „Nyiramachabelli“ (die alte Frau, die allein im Wald lebt), wie Fossey von den Einheimischen genannt wurde und wird, bereits Gorillas begraben. Auch die amerikanische Gorillaforscherin, die 1985 im Camp ermordet wurde, ist hier begraben. Von 1967 an hatte die Naturschützerin in der Forschungsstation Karisoke an den Hängen der Vulkane Karisimbi und Visoke gelebt. Odine verpasst es aber auch nicht, auf Fosseys schwierigen Charakter hinzuweisen und so erhalten wir – abseits der Texte in den Reiseführern und Online-Portalen – umfangreiche Infos.
Wir verlassen den friedvollen und wegen seiner mit Farn bewachsenen großen Bäume fast schon mystisch wirkenden Ort und machen uns an den Abstieg. Auf über 3000 Meter waren wir hoch, Odine wählt einen anderen Abzweig und so bekommen wir auf der rund fünfstündigen Wanderung zum Ende hin noch einmal einen tollen Blick auf die gegenüberliegenden Berge und die darunter liegenden Felder.
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