Unterwegs in Albanien: Gjirokastër
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Unterwegs in Albanien: Gjirokastër

Gjirokastër zählt mit seiner historischen Altstadt zu den „bedeutendsten Beispielen städtischen Gesellschaftslebens auf dem Balkan in der osmanischen Zeit.“ So heißt es zumindest im Reise-Knowhow-Reiseführer. Auf unserer Reise durch Albanien haben wir einen entsprechenden Stopp in der UNESCO-Weltkulturerbestadt eingeplant.

Wir stellen unseren Bus auf einem der vorhandenen Stellplätze ab, da wir auch über Nacht bleiben wollen. Von dort aus laufen wir etwa 30 Minuten bis in die Altstadt. Geht es am Anfang noch flach an der Hauptstraße entlang, heißt es schon bald über gepflasterte Straßen steil aufwärtszugehen. Dabei passieren wir auch eines der vielen Monumente und Gedenkstätten, die sich in Gjirokastër gefühlt an jeder Ecke befinden.

Die Zitadelle überragt die Altstadt, unterhalb der Festung befindet sich der Basar. Über diesen schlendern wir an unserem Besuchstag gleich mehrfach. Er liegt so zentral, dass wir immer wieder ihn passieren. Bunte Teppiche werden angeboten, außerdem für die Region bekannte Alkoholika und die üblichen Souvenirartikel. Bei dem ein oder anderen Händler gibt es antike Gegenstände.

Wir steuern als erstes die Festung Kalaja e Gjirokastrës an. Sie erhebt sich mächtig über der Stadt auf einem Felsen. Auf dem Weg nach oben kommt man an einen Tunnel, durch den man schnell auf die andere Bergseite und in den dort liegenden Stadtteil kommt. Wir probieren das mal aus und laufen einmal durch. Ein bisschen spooky ist es schon, denn in der Tunnelmitte ist es etwas duster.

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Übrigens finden sich hier viele Luftschutzbunker samt Zisternen und Luftfilter, die Enver Hoxha errichten ließ. Es gab sogar Kantine und Konferenzräume sowie die Möglichkeit, im Fall einer atomaren Bedrohung den Luftdruck so zu verändern, dass man in den Bunkern vor Strahlung sicher(er) ist. In der kommunistischen Zeit wurden die Bunker zu Ausbildungszwecken und für Übungen genutzt.

Auf der anderen Seite des Tunnels angekommen, laufen wir auf einem schönen Weg einmal zur Bergspitze. Dort befinden sich einige verfallene Häuser sowie ein Eingang zur Festung, der leider verschlossen ist. Die Aussicht auf die Stadt ist von hier sehr schön.

Wir laufen zum Haupttor, zahlen den Eintritt und treten ein in die Festung. Beeindruckend ist der hohe, gewölbte Korridor, der auch schön beleuchtet ist. Zuerst halten wir uns rechts, schauen uns Zisterne und alte Lagerräume an. In einem kleinen Garten entdecken wir ein kleines Häuschen. Hier ist die Gedenkstätte der Priester Baba Sultan und Baba Kaplan aus dem 16./17. Jahrhundert. Ihre Särge stehen in dem Haus, in das man durch ein kleines Fenster reinschauen kann.

Anschließend schreiten wir durch die Hauptgalerie, in der Beutestücke aus dem 2. Weltkrieg ausgestellt sind. Besonders stolz ist man hier auf einen kleinem italienischen Fiat-Zwei-Mann-Panzer, der nur 283 Mal produziert wurde. Wer Interesse hat, kann das Nationale Albanische Waffenmusem besuchen, für das allerdings separat Eintritt gezahlt werden muss.

Hinter dem Panzer geht es links runter über eine steile Treppe. Hier unten wurde wohl früher gebacken. Zumindest befinden sich hier noch Reste von Öfen.

Nach der Erkundung des Kellers treten wir raus aus dem Gewölbe. Auf dem Außengelände sind weitere Beutestücke ausgestellt, vor allem Kanonen und ein Flugzeug. Zu der Lockheed T 33 Shooting gibt es zwei Geschichten. Sie musste während des Kalten Krieges wegen technischer Probleme in Rinas notlanden. Der Pilot kehrte in die USA zurück. So die eine Version der Geschichte. In der albanischen Fassung wurde das „amerikanische Spionageflugzeug“ abgeschossen.

Wir entdecken ein paar weitere Gewölbe. Außerdem befindet sich ein Zhrenturm und eine Art Bühne auf dem Außengelände, auf der in unregelmäßigen Abständen ein Folkore-Festival stattfindet.

Nach dem Besuch der Festung lassen wir uns ein wenig durch die Gassen Gjirokastër treiben und stoßen dabei unter anderem auf eine hübsche Moschee sowie auf hübsche sogenannte Wehrturmhäuser aus Stein, für die Gjirokastër bekannt ist.

Nächstes Ziel ist schließlich das Zekati-Haus, das sehr beeindruckend ist. Das vierstöckige Wehrturmhaus kann man besichtigen und somit einen tollen Einblick erhalten in die Bauweise sowie die Einrichtung. Der Bau liegt weit oben in der Stadt und wurde in den Hang gebaut. Es besteht aus zwei etwa zwanzig Meter hohen Wehrtürmen, die mit einem toll anzuschauenden zweiarkadigen Mittelteil verbunden sind.

Erbaut wurde das Wehrturmhaus 1811/12 von Beqir Zeko, damals höchster Verwaltungsbeamte der Stadt. Wir treten ein durch das Eingangstor. Im Untergeschoss befindet sich ein Vorratsraum. Scheinbar konnten in diesem auch Tiere untergebracht werden. Zu sehen gibt es auch eine Zisterne, in der auch das Regenwasser vom Dach gesammelt wurde.

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Über eine Holztreppe, die mit einem roten Teppich bedeckt ist, gelangen wir in die oberen Geschosse. Hier erkunden wir einige Räume, die prächtig ausgestattet sind – mit Sitzecken, Teppichen, Vorhängen und tollen Holzschnitzereien. In manchen Räumen befinden sich Kamine, von manch einem gibt es einen direkten Zugang in kleinere Kammern, bei denen wir davon ausgehen, dass sie mal als Latrinen dienten.

Richtig toll ist auch die offene Veranda im dritten Geschoss. Von hier aus hat man einen tollen Blick auf die Stadt und aufs Tal. Man kann sich gut vorstellen, wie hier im Sommer gelebt wurde.

Wir beenden so langsam unseren Stadtrundgang und laufen Richtung Stellplatz. Unterwegs schauen wir noch beim Stadion vorbei und kommen bei einem Imbiss mit dem Besitzer ins Gespräch. Wir dachten zuerst, er wolle uns bequatschen, dass wir sein Restaurant besuchen. Doch wir sind ganz überrascht. Er will einfach nur wissen, woher wir kommen, uns Danke sagen, dass wir seine Stadt besuchen, und uns Tipps geben. Bestimmt hat er natürlich gehofft, dass wir einkehren, doch im Gespräch war er hier komplett zurückhaltend. Sehr höfliche Leute sind die Albaner!

Pfälzerin, Redakteurin, Fernweh-Geplagte. Pfadi, Abenteuer-freudig und gerne unterwegs. Als Chefredakteurin bei der VRM und ausgebildete Redakteurin sorgt Jule dafür, dass alle Reiseerlebnisse sich im Blog wiederfinden. Abseits vom Dokumentieren kümmert sich Jule um die Orga und Planung vorab, denn das Reisegefühl startet bereits bei den Vorbereitungen.

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