Gedenkstätte Buchenwald bei Weimar
Nicht weit von Erfurt und Weimar liegt das ehemalige Konzentrationslager Buchenwald. 1937 auf dem Ettersberg bei Weimar errichtet, wurden hier insgesamt 280.000 Menschen inhaftiert – etwa 56.000 starben. Es ist wichtig, an diese Geschichte zu erinnern – erst Recht nach den jüngsten Ereignissen in Hanau. Und so beschließen wir während unseres verlängerten Erfurt-Wochenendes die Gedenkstätte Buchenwald zu besuchen.
Politische Gegner des Nazi-Regimes, Homosexuelle, Juden, Sinti, Roma, Zeugen Jehovas – sie alle wurden im KZ Buchenwald inhaftiert. Zum Zeitpunkt der Befreiung waren 95 Prozent der Häftlinge nicht aus dem Deutschen Reich – und rund 900 Kinder und Jugendliche. Laut Wikipedia starben etwa 15.000 Sowjetbürger, 7000 Polen, 6000 Ungarn und 3000 Franzosen. Sie starben an den Folgen von Hunger, an Krankheiten, durch medizinische Versuche – oder wurden gezielt ermordet.
Die Zahlen sind erschreckend, der Besuch auch. Wir können nur den Kopf schütteln über so viel Grausamkeit. In den Haftzellen lassen sich Geschichten nachlesen – von Inhaftierten, die Kopfüber aufgehängt wurden, beispielsweise. Blumen und Kerzen erinnern an die Opfer – nicht nur an dieser Stelle. Verteilt über das Gelände gibt es viele Gedenkorte.
Beklemmend ist der Gang durch das alte Krematorium. In der ehemaligen pathologischen Abteilung werden ein paar wenige medizinische Geräte ausgestellt – man kann kaum hinschauen. Einen Raum weiter erinnern viele Gedenksteine an einige der vielen Menschen, die hier grausam ermordet wurden. Einige Urnen sind zu sehen, dann öffnet sich die Tür zu den Verbrennungsöfen. Welch ein beklemmendes Gefühl.
Der Appellplatz wirkt riesig. Hier mussten jeden Morgen und jeden Abend die Inhaftierten antreten zur Zählung. Aber es gab auch Hinrichtungen und sogenannte Strafmaßnahmen wurden vollzogen. Auf dem Gelände dahinter waren die Haftbaracken, die Anfang der Fünfziger Jahre demontiert wurden. Steine markieren heute die Umrisse.
Wir laufen ein Stück am Lagerzaun entlang. Von den ursprünglichen 22 Wachtürmen sind noch zwei erhalten. Im Desinfektionsgebäude mussten die Häftlinge bei Ankunft und Lausbefall eine Reinigung über sich ergehen lassen, die wohl kaum Menschenwürdig war. Und doch sahen wohl einige darin etwas Gutes: „Wir erkannten uns gegenseitig kaum wieder, geschoren und gereinigt wie wir danach waren“, ist da beispielsweise auf einer der Ausstellungstafeln zu lesen. Ausgestellt sind in dem Gebäude auch viele Kunstwerke, die zeigen, wie Überlebende die Tortur des Konzentrationslagers nach der Befreiung verarbeiteten.
Die Geschichte des Konzentrationslagers ist auf drei Etagen im ehemaligen Kammergebäude aufbereitet. Viele Lebensgeschichten, aber auch jede Menge Gegenstände und Akten sind ausgestellt. Besonders eindrücklich sind die Zitate von Überlebenden am Ende der Ausstellung. Erschreckend, wie diese Worte heute Bedeutung haben!
Die Inschrift des Lagertors „Jedem das Seine“ wird heute Umgangssprachlich oft verwendet. Darf man das heute noch sagen? Ist sich ein jeder der Geschichte dieses Spruches bewusst? In Buchenwald bedeutete „Jedem das Seine“ der Unterschied zwischen Leben und Tod, zwischen dem Volk, das in Weimar leben durfte, und denjenigen, die die Nazis als Feinde ansahen und in Buchenwald ins Verderben schickte.
Wir diskutieren beim Gang über das Gelände darüber, über die eigentliche Bedeutung zurückgehend auf den römischen Rechtsgrundsatz „suum cuique“ („Ehrbar leben, andere nicht verletzen, jedem das Seine zubilligen.“) und die Nazi-Variante. Dabei stoßen wir schließlich auf den Hinweis, dass ein Inhaftierter das Tor samt Schriftzug anfertigte. Franz Ehrlich war als Kommunist inhaftiert und stark vom Bauhaus beeinflusst. Er „jubelte“ den Nazis sozusagen das Design unter – eine kleine Revolution (übrigens auch bei der WELT nachzulesen).
Ein Besuch der ehemaligen Konzentrationslager – egal, ob Ausschwitz, Dachau oder Buchenwald – ist so wichtig: Um zu erinnern und nicht zu vergessen, was damals passierte, damit es nicht wieder passiert.
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