Freyburg
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Freyburg (Saale-Unstrut)

Seid ihr schon einmal in Deutschland nördlichstem Anbaugebiet gewesen? Wir bisher auch nicht – also nicht bewusst. Auf dem Rückweg aus der Sächsischen Schweiz stoppen wir in der Nähe von Freyburg und bekommen einen ersten Eindruck von der Region.

Freyburg Raik Moh

„Ja, wo sind sie denn, die Weinberge?“, fragen wir uns, als wir von der Autobahn abfahren und es nicht mehr weit haben zu unserem heutigen Ziel, dem Weindomicil Raik Moh. Im Winzeratlas, einem Stellplatzführer mit Weingütern, waren wir auf das Weingut aufmerksam geworden. Gemacht wird hier Wein „nur“ zum Nebenerwerb und damit nur Wein, der den Eigentümern Spaß macht. Hauptsächlich arbeitet Raik Moh im Staatsweingut, aber seine beiden Jobs lassen sich gut vereinbaren, berichtet er uns bei einer kleinen Willkommens-Tour: „Meine kleine Anbaufläche ist ja schnell gemacht.“

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1998 ist der ausgebildete Winzer mit seiner Kelleranlage in Zeuchfeld, einem Ortsteil von Freyburg, gestartet. Bereits zwei Jahre zuvor hat er mit der Rekultivierung seines Weinberges in Dorndorf begonnen – im Flur seines Wohnhauses, wo er seinen kleinen Verkaufsstand hat, sehen wir einige Bilder. Viel Handarbeit – das, was Raik Moh heute auch weiterhin wichtig ist: Die Weinberge werden so natürlich wie möglich bewirtschaftet. Laubschnitt wird im Weinberg belassen, die Zeilen sind natürlich begrünt, auf Pflanzenschutzmittel wird verzichtet.

Wir erfahren im Gespräch mehr zum Weinbau in Saale-Unstrut, der bereits seit über 1000 Jahren betrieben wird. Wusstet ihr beispielsweise, dass sich die Weinabauregion bis nach Brandenburg zieht? Neben Sachsen-Anhalt (639 Hektar) und Thüringen (108 Hektar) gehört auch noch Werder mit zehn Hektar Anbaufläche mit dazu. 3,2 Hektar liegen bei Westerhausen (Thale) sowie Quedlinburg nördlich des Harzes. Kein Wunder also, dass man nicht, wie in Rheinhessen und der Pfalz gewohnt, überall Weinberge sieht.

Dazu gibt es viele Infos über die Region. Wir hören beispielsweise von der Himmelsscheibe von Nebra, eine 3700 bis 4100 Jahre alte Bronzeplatte mit der ältesten, bisher bekannten Himmelsdarstellung und seit 2013 UNESCO-Weltdokumentenerbe. Dazu erfahren wir mehr zum Sonnenobservatorium von Goseck, ein Observatorium zur Bestimmung der Wintersonnenwende, und zur Bergbaufolgelandschaft Geiseltal.

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Nach den vielen Infos sind wir natürlich auch neugierig auf den Wein und kaufen einen Riesling sowie ein Cuvee aus Weiß- und Grauburgunder. Letzteren können wir bereits sehr empfehlen (gibt es im Shop zu kaufen). Sympathisch: Alle Weine kosten acht Euro, denn „mir sind sie alle gleich viel wert“.

Wir fahren schließlich noch einmal nach Freyburg rein. Eigentlich wollten wir mit den Rädern los, doch es regnet. Ein richtiger Schauer kommt runter – auf dem Rad wären wir bereits pitschnass. Gut, dass wir uns für den Bus entschieden haben. Wir stellen den T4 an der Burgmühle ab, wo wir für später am Tag einen Tisch reserviert haben, und laufen Richtung Marktplatz.

Ein paar nett gemachte Häuschen und ein großes Denkmal für Turnvater Jahn, der hier wirkte. Tatsächlich kommen jedes Jahr auch mehr als 1000 Turner aus ganz Deutschland zu seinen Ehren nach Freyburg.

Schließlich erreichen wir die Gebäude von Rotkäppchen-Sekt. Seit 1856 wird Sekt in Freyburg hergestellt, ursprünglich unter den Namen „Monopol“. 1894 kam es aber zu einem Rechtsstreit mit dem Champagnerhaus Walbaum-Heidsiek – das Warenbezeichnungsgesetz war in Kraft getreten und Heudsieh und Co in Reims sicherte sich den Namen. So entschied man sich, die rote Kapsel der Freyburger Sekte zum Namensgeber zu machen: Rotkäppchen. Und klar, dass dies 1895 dann auch eingetragen wurde. Schade, dass wir so spät unterwegs sind. Es wäre sicherlich spannend gewesen, bei Rotkäppchen-Sekt eine Führung mitzumachen.

Von der Sektkellerei laufen wir ein Stückchen die Gartenstraße entlang und biegen dann links auf einen schmalen Weg ab. Hinter ein paar Gärten laufen wir entlang – mit bester Sicht auf das Schloss Neuenburg, das hoch über der Stadt thront. Vorbei geht es an Teilen der Stadtmauer – in der Ferne sehen wir bereits die Türme unseres nächsten Ziels.

Freyburg

Unser nächster Stopp ist die evangelische Stadtkirche St. Marien, die mit ihren romanischen und gotischen Elementen wirklich toll anzuschauen ist. Mittlerweile hat der Himmel wieder aufgeklart – vor dem blauen Himmel ragen die prächtigen Türme wirklich schön hervor.

Freyburg

Abendessen gibt es direkt am Wehr, welches 1794 als eine der ursprünglich zwölf Unstrutschleusen fertig gestellt wurde. In DDR-Zeiten wurde das Wehr zuerst stillgelegt, später aufgeschüttet. Erst 1989 begann man wieder mit der Planung eines Neubaus und der Rekonstruktion der Schleusenanlage, die Einweihung erfolgte 1995. Heute ist die Schleuse Denkmalgeschützt.

Freyburg

Nach dem Essen fahren wir hinauf zum Schloss Neuenburg, das wir bei untergehender Sonne ganz für uns alleine haben. Klar, rein kommen wir nicht mehr, um die Museen zu besuchen, doch auch auf dem Gelände gibt es viel zu sehen.

Wir gehen vorbei am Burgfried, dem „Dicken Wilhelm“ aus dem Jahr 1150. 23 Meter ragt er mit seinen 2,85 Meter dicken Mauern in die Höhe. Wir landen in einer Art Vorhof mit ein paar Gehöftartigen Bauten. Gegenüber scheint es rein zu gehen in die Burg, wenn sie offen hat. Um 1090 durch Graf Ludwig den Springer gegründet und bis 1230 unter den Landgrafen von Thüringen ausgebaut, ist die Neuburg mit etwa 30.000 Quadratmeter Fläche dreimal so groß wie die Wartburg und damit einer der größten Burgen Deutschlands.

Durch ein Tor laufen wir zum Vorhof der Kernburg. Dort steht ein riesiger Baum, das Gebäude rechts ist mit Fachwerk gebaut. Dazwischen geht es durch einen Torbogen auf die andere Seite der Burg und wieder runter in die Stadt. Doch da wollen wir heute nicht mehr zurück, vielmehr genießen wir die wunderbare Aussicht bei der untergehenden Sonne, bevor es zurück zu unserem Stellplatz am Weindomicil geht.

Pfälzerin, Redakteurin, Fernweh-Geplagte. Pfadi, Abenteuer-freudig und gerne unterwegs. Als Chefredakteurin bei der VRM und ausgebildete Redakteurin sorgt Jule dafür, dass alle Reiseerlebnisse sich im Blog wiederfinden. Abseits vom Dokumentieren kümmert sich Jule um die Orga und Planung vorab, denn das Reisegefühl startet bereits bei den Vorbereitungen.

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